18.02.2017

Tanz der Vampire

Palladium Theater, Stuttgart

Graf von Krolock
Sarah
Alfred
Professor Abronsius
Chagal
Magda
Herbert
Rebecca
Koukol

Kirill Zolygin
Veronica Appeddu
Tom van der Ven
Victor Petersen
Nicolas Tenerani
Merel Zeeman
Milan van Waardenburg
Yvonne Köstler
Paolo Bianca


Vollständige Besetzung


Schauen wir zurück auf das Jahr 2011: Zum wiederholten Mal verließen die Vampire Stuttgart, tränenreich und unter Wehklagen. Sie gehen für immer haben sie gesagt. Sie kehren nie wieder zurück haben sie gesagt. Ha! Ich lach mir nen Ast! Da sind sie wieder und dieses Mal hat es nicht mal sieben Jahre gedauert! Aber natürlich trotzdem viel zu lange.

Die Cast war einmal rundum erneuert worden und bis auf zwei oder drei Namen aus dem Ensemble kannten wir gar niemanden. Noch nicht einmal den Dirigenten Leif Klinkhardt. Doch es stand außer Graf von Krolock die gesamte Erstbesetzung auf dem Plan. Wir durften also gespannt sein.

Da gefühlt die halbe Besetzung aus Italien stammte und die andere Hälfte aus den Niederlanden, hatten alle, bis auf Abronsius und Rebecca, einen wunderschönen Akzent. Trotzdem waren sie gut zu verstehen und das verlieh der Vorstellung eine besondere Note.

Und da war sie wieder – diese vertraute Melodie: Die Ouverture, die das Publikum in die Wildniss Transsylvaniens entführte. Eine aufwändige Projektion, die auf dem Vorhang das Schloss des Grafen zeigte. Und schließlich Alfred, der im Schneegestöber nach dem Professor suchte. Tom van der Ven in der Rolle des Alfreds wirkte noch sehr jung, aber er war ein toller Sänger und Schauspieler. Sowohl optisch als auch stimmlich harmonierte er hervorragend mit Veronica Appeddu, die die Sarah darstellte. Letztere wirkte sogar noch jünger weil sie auch recht klein war. Außerdem hatte sie eine glockenhelle, aber sehr markante Stimme, die noch sehr kindlich klang.

Ebenfalls eine schöne Stimme hatte Yvonne Köstler als Rebecca. Allerdings hätte sie gerne noch etwas forscher auftreten können, da ihre Darstellung doch eher lieblich war.

Wenn wir schon von "lieblich" sprechen, gibt es natürlich eine weitere Charaktere, die in diesem Zusammenhang genannt werden muss: Herbert. Milan van Waardenburg war sehr groß – sogar noch größer als Graf von Krolock – doch er war keine extrem feminine Erscheinung. Stattdessen erinnerte er mich eher von Aussehen und Gestik her an einen Travestiekünstler. Aber seine Mimik, wenn er so manches Mal verführerisch die Augenbrauen hoch zog und Alfred anblinzelte, war total witzig.

Genauso irre komisch war Koukol, verkörpert von Paolo Bianca. Er war recht groß und hager und eher weniger gruselig, sondern schon ziemlich schräg. Wie er seinen Hintern in Richtung Publikum streckte und sich genüsslich kratzte war zum Schreien!

Bei Nicolas Tenerani als Chagal war ich am Anfang skeptisch. Als er Sarahs Zimmer mit Brettern zunagelte und dabei sang, konnte er mich noch nicht so ganz überzeugen. Doch als er später als Vampir zum Leben erwachte, drehte er richtig auf. Das lag vielleicht auch an Magda, Merel Zeeman, die eine hammer Stimme und Präsenz hatte und Chagal einfach mit sich riss. Wieder zwei Darsteller, die im Team sehr stark waren.

Ganz alleine glänzen konnte Victor Petersen. Wie alt ist Abronsius? Achtzig? Neunzig? So wirkte er jedenfalls, als er über seinen Schirm gebeugt schon fast über die Bühne humpelte. Aber was für ein toller Schauspieler! Er lieferte die größten Lacher des Abends, als er Sarahs Stimme immitierte und dabei genauso hell sang wie sie. Besonders sein langer hoher Ton am Ende von "Wahrheit" war schon sehr lang und vor allem auch sehr hoch – autsch! Und spätestens als er mit Alfred in die Gruft hinab stieg, war das einfach nur zum Totlachen!

Graf von Krolock ist die wichtigste Rolle des Musicals. Oh Mann, was haben wir da schon großartige Darsteller gesehen! Deshalb sind die Erwartungen immer hoch. Und da kam er nun, Kirill Zolygin. Er war groß und schlank. Schon mal sehr gut. Vielleicht noch etwas jung. Na ja, ok. In seiner Darstellung hob er besonders den satirischen Charakter des Musicals hervor. Nicht schlecht. Seine Stimme war etwas hell für einen Vampirgrafen, aber trotzdem sehr schön und kräftig. Wunderschöner Akzent – hach! Doch das Maß aller Dinge ist ja bekanntlich "Die unstillbare Gier". Und was soll ich sagen? Toll! Wirklich toll!

Eine Szene ist mir besonders in Erinnerung geblieben, die ich bis dato so noch nicht gekannt hatte. Graf von Krolock stand alleine auf der Bühne und sang "Gott ist tot". Vor ihm nur ein weißer Scheinwerfer, der ihn schräg von unten anstrahlte, und hinter ihm ein Vorhang wie eine Leinwand. Am Ende des Liedes breitete Krolock seinen Umhang aus und sein eigener Schatten hatte die Form einer gigantischen Fledermaus. Klasse Effekt! Und ganz schön gruselig …

Was ich allerdings nicht verstehe, ist, wie man beim letzten Lied des Stückes ruhig sitzen bleiben kann! Ich wäre am liebsten aufgestanden und hätte mitgetanzt! Aber neben dem Ensemble war anscheinend auch das Publikum größtenteils neu und so überließen wir das Tanzen und Singen lieber den Vampiren auf der Bühne. So sollte es ja auch sein – und das war mehr als fantastisch!

Zum Glück – und da war ich mir einen Moment lang nicht sicher – gab es am Ende Standing Ovations. Spätestens wenn die erste Reihe aufsteht und die Zuschauer dahinter nichts mehr sehen, müssen sie auch aufstehen. Einfaches Prinzip! Und die Darsteller hatten es sich wirklich vedient.
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