Tarzan
Apollo Theater, Stuttgart
Tarzan Jane Kala Kerchak Terk Porter Clayton Junger Tarzan |
John Vooijs Emma Jensen Melanie Ortner Andreas Lichtenberger Emanuele Caserta Japheth Myers Thorsten Ritz Linus Engelen |
Vollständige Besetzung
Dreimal sind wir schon nach Hamburg gefahren – extra wegen Tarzan. Natürlich ist Hamburg eine tolle Stadt, die immer eine Reise wert ist, und natürlich hat es sich auch schon wegen der Musical-Vorstellungen gelohnt, aber es war doch immer ein größerer Aufwand, der mit viel Organisation verbunden war. Umso besser, dass sich die Stage Entertainment dazu entschieden hat, uns diesen Aufwand zu ersparen und einfach das Musical in unsere Nähe zu bringen.
Doch keine Inszenierung wie die vorherige: Ein neues (uns alt bekanntes) Theater, größtenteils eine neue Besetzung und auch sonst gab es einige Neuerungen und Änderungen. Was geblieben war, war der Knall zu Beginn der Vorstellung. Und ich dachte noch: Gleich kommt er, gleich kommt er, gleich … und ich bin doch wieder erschrocken!
Obwohl wir in der 5. Reihe saßen, waren wir – dem kuscheligen Apollo Theater sei Dank – ziemlich dicht am Geschehen dran. Die Gesichtsausdrücke der Darsteller auf der Bühne waren bestens zu erkennen, natürlich auch die der Affen und von Tarzan und Jane auf dem Gang, und ich bin wirklich froh, dass ich meinen Kopf noch bewegen kann: Direkt über uns war Highlife, sodass ich schon dass ein oder andere Mal an die Grenzen meiner Wirbelsäule gelangte.
Die Titelrolle wurde von John Vooijs verkörpert und im ersten Moment dachte ich: Seine Stimme gefällt mir überhaupt nicht. Im zweiten Moment dachte ich dann: Was für eine tolle Stimme! Auf jeden Fall eine einzigartige und markante Stimme mit einem schönen Akzent, der zugegebenermaßen nicht immer einfach zu verstehen war, was aber das der Sache keinen Abbruch tat – im Gegenteil. John Vooijs verlieh der Rolle einen natürlichen und neugierigen Charme, was perfekt passte, und er war eine rundum gelungene Besetzung des Dschungelhelden.
Die Titelrolle wurde von Linus Engelen verkörpert: Der junge Tarzan. Er kam mir doch schon relativ groß vor, aber er war trotzdem noch sehr niedlich. Super Akrobatik, Gesang und Schauspiel – eben ein richtiger Profi.
Jane hatte eine für diese Rolle ungewöhnlich tiefe Stimme, wodurch das Kreischen beim Zusammentreffen mit der gigantischen Spinne nicht so schrill und durchdringend war. Aber Emma Jensen überzeugte dennoch mit ihrem Gesang, ihrer urkomischen Mimik und ihrem schauspielerischen Talent.
Im Gegensatz zu Jane hatte Kala eine sehr helle Stimme – bisher kannte ich das nur andersherum. Aber auch der Gesang von Melanie Ortner war absolut hörenswert und ihre Interpretation von "Dir gehört mein Herz" war einfach klasse.
Ein weiteres neues Gesicht war Thorsten Ritz als Clayton. Ungewohnt, nachdem wir bisher nur Rudi Reschke gesehen hatten, aber auch er machte seine Sache echt super. Er war mit Begeisterung dabei, er war präsent und lieferte schauspielerisch eine fantastische Leistung ab.
Japheth Myers sahen wir bereits zum zweiten Mal als Porter und er war wieder großartig. Ein wenig zerstreut, liebenswert und immer wieder schön zu sehen. Sein Jubel, als Tarzan erklärte, dass er mit ihnen nach England kommen wollte, war umwerfend komisch und sein immer noch leicht hörbarer britischer Akzent machte seine Darstellung sehr authentisch.
Oh Mann, die Rolle des Terk muss man richtig gut spielen. Ein Jammer, wenn das kein toller Darsteller ist. Zum Glück ist Emanuele Caserta ein toller Darsteller. Mit seinem Irokesenschnitt wirkte er frech und modern, und er fiel rein optisch unter der Gorillas mehr auf als der Hamburger Terk.
Bei dieser Rolle hatte es auch einige Textänderungen gegeben. Als zum Beispiel der kleine Tarzan fragte, weshalb Kerchak so sauer sei, meinte Terk: "Vielleicht hat er die Kokosnuss geklaut." Und als Kala nach Terk suchte, rief dieser von seiner Baumkrone herunter: "S’Äffle isch heid net dahoim!" Dazu jedes Mal seine irre witzige Mimik, seine schöne Stimme und sein noch schönerer Akzent – grandios.
Emanuele Caserta, den wir anschließend bei Regen an der Stagedoor trafen, nahm sich sogar noch Zeit für ein Foto. Dabei dachte ich zuerst, dass er mir Hasenohren machte, deshalb rief ich: "Oh, wie gemein!" Dann erklärte er mir jedoch, dass er nur seine Hand über meinen Kopf hielt, damit ich nicht nass wurde. Er sorgt sich um seine Fans! Ohhh …
Etwas enttäuscht war ich allerdings vom Publikum. Es gab zwar brav nach jeder Szene Applaus, aber so richtig war es nicht in Fahrt gekommen. Als sich dann am Ende eine einzelne Zuschauerin schräg rechts von mir für die Standing Ovations hinstellte, wurde sie von der Frau in der Reihe hinter ihr ermahnt sich wieder zu setzten. Irgendwann klappte es doch noch und das ganze Publikum – inklusive der Frau, die sich beschwert hatte – erhob sich von den Plätzen. Das hatten sich die hervorragenden Darsteller auch wirklich verdient!
Kerchak – Andreas Lichtenberger:
Überraschenderweise war es dieses Mal Kerchak, der mich am meisten beeindruckte. Wir hatten Andreas Lichtenberger zwar schon bei unserem ersten Besuch in Hamburg gesehen und für erstklassig befunden, aber da dort noch alles neu war, stach er nicht besonders hervor. Natürlich war auch in Stuttgart die gesamte Besetzung fabelhaft, aber Kerchak ragte trotzdem heraus.Wenn er die Bühne betrat, war er sofort präsent. Er war groß und eine stattliche Erscheinung. Er hatte eine markante und zuweilen furchteinflösende Stimme, mit der er ebenso sanfte Balladen singen konnte. Und auch schauspielerisch war er brilliant.
Fazit: Genau so muss der stärkste aller Gorillas sein. top Δ