Tarzan
Palladium Theater, Stuttgart
Tarzan Jane Kala Kerchak Terk Clayton Junger Tarzan |
Terence van der Loo Deike Darrelmann Melanie Ortner-Stassen Dániel Rákász Elindo Avastia Raphael Dörr Janis |
Vollständige Besetzung
Zehn Jahre war es schon her, seit Tarzan das Apollo Theater verlassen hatte. Zehn Jahre, in denen sich viel verändert hatte: das Theater, die Besetzung und auch das Musical selbst. Dieses Mal machten die Gorillas das Palladium Theater unsicher, mit vollkommen neuen Darstellern, aber ohne den liebenswerten Professor Porter. Stattdessen leitete seine Tochter Jane die Exkursion in den Urwald und sprach nur davon, das Vermächtnis ihres verstorbenen Vaters fortführen zu wollen.
Im Dschungel waren buchstäblich die Affen los! Allen voran animierte Terk (Elindo Avastia) zu allerlei Unfug. Er stiftete den jungen Tarzan an, in die Bäume zu klettern, und zerlegte gemeinsam mit den anderen Gorillas das Lager der Menschen. Er hatte eine tolle rockige Stimme, mit der er auch kopfüber sang, und einen schönen Akzent. Aber leider fehlte ihm etwas die Leichtfüßigkeit, die diese Rolle eigentlich braucht. Hm … sollte man bei bis zu acht Vorstellungen pro Woche nicht automatisch gertenschlank sein? Aber seinem komischen Talent tat das trotzdem keinen Abbruch.
Der kleine Tarzan (Janis) hingegen war sehr sportlich. Er turnte über die Bühne, machte Überschläge und tanzte richtig klasse. Er war schon ein richtiger Profi und auch ein toller Sänger.
Raphael Dörr hätte als Clayton gerne noch etwas fieser sein dürfen. Aber er spielte toll und als er Tarzan imitierte, machte er sich dabei buchstäblich selbst zum Affen.
Besonders beeindruckend war Dániel Rákász als Kerchak. Der Silberrücken war imposant und hatte eine fantastische Bühnenpräsenz. Er zeigte alle Facetten, war liebenswürdig zu den Gorillakindern, furchteinflösend gegenüber den Eindringlingen, und ein hervorragender Sänger, der dieser Rolle Kraft und Ausstrahlung verlieh. Eindeutig einer der besten Auftritte des Abends.
Überraschenderweise wurde Kala von Melanie Ortner-Stassen verkörpert. Überraschend deshalb, weil sie eigentlich gar nicht Teil des Ensembles war. Aber durch den krankheitsbedingten Ausfall der Kollegin übernahm sie für einen Monat die Erstbesetzung. Als alter Hase im Dschungel konnte sie wunderbar überzeugen und sie glänzte vor allem mit ihrer schönen Stimme. Dabei harmonierte sie sowohl mit Kerchak als auch mit dem jungen Tarzan.
Während Tarzan früher noch richtige Rastalocken gehabt hatte, hatte er in dieser Inszenierung nur noch eine zottelige Mähne – was aber gar nicht schlecht aussah. So schwang sich Terence van der Loo an der Liane durch das Theater, war sportlich und durchtrainiert und verdrehte Jane schnell den Kopf. Auch schauspielerisch war er klasse, aber leider konnte er bei den Balladen nicht ganz so viel Gefühl rüberbringen. Trotzdem eine tolle Leistung.
Wie schon so oft, wurde ich wieder mal von der Zweitbesetzung überrascht: Deike Darrelmann war eine großartige Jane! Sie durchstreifte den Dschungel und war vollkommen überwältigt von den exotischen Pflanzen. Dabei merkte sie gar nicht, dass sie langsam von einer Schlingpflanze eingewickelt wurde. Während sie sich in der früheren Inszenierung noch in einem riesigen Spinnennetz verheddert hatte, bestand die Schlingpflanze aus vielen langen Trieben, die – geführt von mehreren Tänzern – sich immer fester um Jane wickelten und sie schließlich in die Höhe hoben bis sie nicht mehr heraus kam. Zu ihrem Glück eilte aber natürlich Tarzan schnell zu ihrer Hilfe und befreite sie. Und Jane war ganz fasziniert von diesem wilden Mann, der immer um sie herum turnte und ihr zuweilen ganz schön nah kam. Sie war hin und her gerissen zwischen ihrer Neugier und dem Versuch, den fremden Mann auf Anstand zu halten. Dabei bewies sie brillantes Timing für die Situationskomik und sie hatte eine super Bühnenpräsenz.
Auf unseren Plätzen in Reihe 9 – also der letzten Reihe vor dem Quergang – waren wir mittendrin im Geschehen. Ständig liefen Gorillas hinter uns herum und über unseren Köpfen schwirrten die tropischen Insekten. Auch Tarzan und Jane schwebten über uns hinweg auf ihrem Weg zum Schlussapplaus auf der Bühne. Und auch wenn das Theater nicht ausverkauft war, gab es trotzdem viel Jubel und sogar Standing Ovations. Dabei war besonders Kerchak bestens gelaunt und tanzte umher als würde er die Vorstellung am liebsten nochmal von vorne beginnen. Da hätten wir bestimmt nichts dagegen gehabt, denn "mit jedem Ende kommt ein neuer Anfang". top Δ